Ullis Erinnerungen

Als in Oldenburg das „Gretna Green" und das Haus „Kommune 1" geschlossen wurden machten sich einige Freaks mit einem Stapel Scheiben unter dem Arm auf den Weg zu einem Puff der da hieß „Red Baloun". Der Wirt hieß Emil Penning. Die Kneipe war mit rotem Samt und Separes ausgestattet, aber er hatte eine geile Stereoanlage. Wir also sofort hin. Zu Fuß!!

Emil hat sofort nach einigem Zögern angebissen und von da an lief dort Led Zeppelin, East of Eden, Pink Floyd, Deep Purple, Uriah Heep usw. Emil war selbst überrascht von dem Erfolg, aber wie das endete steht auf einem anderen Blatt. Wir: die Gebr. Lorenz, Thomas Antonyssen, Nase, Iakko, Eisenbrauns Schangs, Lenzis, Joster, Walter Strehlo, Max, Albert, ach es gab doch so viele, die tauchten dort immer wieder auf und dann war es plötzlich der Treff von Oldenburg. Moses, Gerd Bröls wo sind sie alle? Emil nannte sie Tiffany.

Ich bin dann nach Amsterdam gezogen und las in der „Welt" dass ein Gastwirt der Polizei gedroht hatte: „Die Schlange beisst gleich": unter der Rubrik „Das Letzte". Ich wusste sofort, dass konnte nur Emil gewesen sein.

Ich zog dann nach Bremerhaven und hab dann in „Wallys Bierbar" aufgelegt. Bremerhaven war ne Hardrockcity. Wenn ein Flugzeugträger, z.B. die „Nimitz", einlief, waren plötzlich 5000 verrückte Amis in der City. Die wollten ihre Mucke hören oder sie brachten sie selbst von Bord mit und man konnte sie ihnen abkaufen.

Mick Kaiser hieß der Besitzer und seine Frau Evi war dann später Emils Geliebte, die ihn auch ruinierte. Aber das steht auf einem anderen Blatt. Mick ist auch schon lange tot und Evi läuft zahnlos als Fixerin in Oldenburg rum.

Ich fuhr 1978 mit meinem Käfer, der vollgepackt war mit Scheiben, über die Lande und bei Reparaturen immer zu F. Kleinlinger, der auf einem einsamen Hof eine Werkstatt hatte. Dort hab ich dann ich ihm immer auf seiner geilen Anlage die neusten und geilsten Scheiben vorgespielt. Dort traf ich dann auch Wim Frank. Der ließ gerade seinen Merci reparieren und in der Wartezeit hörten wir dann zusammen Mucke. Eines Tages fragte er mich dann, ob ich nicht bei ihm auflegen wolle, denn so geile Mucke gabs nicht in Oldenburg. Er hatte gerade mit ein paar Kumpels den Etzhorner Krug aufgemacht und ihm fehlte noch ein DJ, denn seine Kumpels und er würden immer nur die gleichen Scheiben auflegen.

Ich fuhr dann mal vorbei und war beeindruckt von der Größe des Ladens.

Die haben aber am Anfang noch so Sachen gemacht wie Donnerstags bestuhlte Kinovorführungen oder Diskussionsseminare von und mit irgendwelchen Studenten, denn sie waren ja alle Studienabbrecher. Die ersten 3 Monatsmieten mussten sie sich von Wim's Freundin leihen und die lieh sie sich von ihrer Mutter. Das waren 5000 Mark!! Ihr haben wir es also zu verdanken, dass der Etzhorner Krug überhaupt öffnen konnte.

Das Tiffany war auch noch offen, aber Emil baute durch seine Sauferei und seinen Drogenkonsum immer mehr ab. Er hat dann auch gedroht mit seinen Zuhälterfreunden vorbeizukommen und uns auf die Fresse hauen zu lassen oder uns Abzufackeln usw.

Wir haben uns dann ein paar echte Rocker aus Wilhelmshaven kommen lassen und ab da an war Ruhe. Die wieder los zu werden war auch eine Story für sich aber auch das steht auf einem anderen Blatt und ist mal ne Kurzgeschichte wert.

Also den Otto traf man damals wie alle im Tiffany und der hatte damals schon beneidenswerte lange Haare. „Geh mal zum Frisör!" Ich bin damals noch zwischen Bremerhaven und Oldenburg gependelt, denn ich wohnte ja in Bremerhaven und war 3 Tage die Woche fest im „Wallys Bierbar" als DJ gebucht.

Da nun aber das Tiffany total out war, Emil saß im Knast, Evi war faul und viel zu nett zu jedem und Otto, der auch eine Zeit dort auflegte, konnte den Laden auch nicht mehr retten.

Etzhorner Krug Der Etzhorner Krug war total angesagt. Es kamen Leute aus nah und fern, Aurich, Emden, Leer, Esens, Bremen, zu Fuss, mit dem Fahrrad oder Zug. Plötzlich lief der Laden wie verrückt. Wir investierten etwas in die Anlage: Clipsch Hörner, Bose Boxen, Lichtkanonen, Diaprojektoren, Spiegelkugeln, verschiedenfarbige Scheinwerfer, bessere Verstärker uvm.

Ich musste oft wenn wir nach Feierabend noch zum Absacker zusammensaßen auf sie einreden wie auf kranke Pferde damit sie die Ideen auch finanzierten und wir sie auch umsetzen konnten. 90 % der Ideen waren gut!!

Wir nahmen keinen Eintritt, keinen Mindestverzehr, es gab die Pizza Rosi, die jeden Abend wohl 30-40 Bleche ihrer köstlichen Quarkteigpizza für die bis an die Tanzfläche reichende Schlange von Hungrigen buk. Die Tresenmädels waren auch ne Schau! Die Blonde (Wo ist denn die, was macht die?), Molli, Freundin von Wim, meine spätere Frau und Mutter meiner Söhne und noch so ne blonde dünne freche. Das Gute war auch, dass immer die gleichen Persönlichkeiten hinter dem Tresen standen und immer gute Laune herrschte! Es wurde frei Hand eingeschenkt und wenn man mal keine Kohle mehr hatte wurde auch kräftig ausgegeben!

Da der „Etzi" so gut lief und ich keinen Bock mehr auf Mineralwasser hatte, da ich ja den weiten Weg mit Weserfähre und so hatte, kündigte ich in Bremerhaven und wurde als einziger auf Steuerkarte als DJ eingestellt. Vier Jahre lang! Die ersten Male legte ich für eine Flasche Mineralwasser und 50 DM auf, später bekam ich richtig gut Geld.

1980 haben wir, Udo Wellmann, ich und ein paar Jungs auf meine Idee hin die Disko einen Stock höher gebaut. Auch deswegen, weil die Gäste unten öfters mal ihr Bier in unsere (meine) Scheiben gekippt haben und weil natürlich jeder Meter Tresen zählt! Wim ist tot und wo ist eigentlich dieser langhaarige Ostler abgeblieben? Weiß das jemand??

Wir haben dann auch einige gute Live-Acts im Laden gehabt. Aus Polen, Berlin und Trio haben auch eins ihrer ersten großen (1500 Leute) Konzerte bei uns gegeben. Kralle Krawinkel wohnte ja damals mit Mick Kaiser im Friedhofsweg 1 und Musikwünsche konnten auf die Rückseite von alten Konzertplakaten geschrieben werden und wurden auch meistens gespielt, außer ich hatte die Scheibe nicht.

Aber so sind auch viele neue Scheiben entdeckt worden. Ich hatte ein wöchentliches Handgeld von 100 DM um neue Scheiben zu kaufen. Damals kosteten die Scheiben aber noch 22 DM.!

Ich stellte mir dann noch mein Schlagzeug oben hin und spielte simultan so einige Solis und Standards mit, war echt gut anzuhören. Hab auch oft bei langen geilen Stücken auf der Tanzfläche mitgetanzt.

So Mitte 1980 kam dann Otto Sell mit ins Spiel. Wir haben abwechselnd, einer links der andere rechts die Scheiben aufgelegt und uns gegenseitig aufgeputscht, dass der Schweiß floß als ob es regnen würde. War ein feiner Kerl und ne geile Zeit! Mein weißer Schaukelstuhl … ach ja!!

Ulli im Etzhorner

Dann sind die Jungs leider größenwahnsinnig geworden. Auch wegen dem vielen Geld, so mit Grundstück auf Lanzarote und in Brasilien, Hotels und Bodegas usw. Ich hatte eine feste Beziehung, mit Familie und so, die Behörden fingen an zu nerven, die Nachbarn oder besser gesagt ganz Etzhorn drückte einige Schallschutzgutachten durch und kurz nach Inga Rumpfs Atlantis wurde dann klar, es ist vorbei! Schade wars! Alle zerstreuten sich in alle Himmelsrichtungen. Von den Zehntausenden von Gästen hat bestimmt ein Drittel einen Computer. Was ist aus euch geworden? Wo steckt ihr? Wo ist der kleine Anthropologe Max mit dem größten Betonfundament auf der Insel? Wo der schüchterne Gläserholer, der nachher so selbstbewusst war. Ja wo? Mir fallen noch so viele Geschichten ein. Aber was solls?

Nachher habe ich auch immer öfter das gleiche gespielt. Bei so vielen Leuten ist es nicht so aufgefallen.

Ich bin von 68-73 zur See gefahren, konnte also schon einen Stiefel ab.

Ich hab dann geheiratet, zwei Söhne kamen, Umschulung zum Koch, Scheidung und jetzt wohne ich in einer schönen Stadt in Bayern ( Ja so kann's kommen) und bin glücklich mit Wilma zusammen, die als Schneiderin im Stadttheater arbeitet.

Ich grüsse euch alle und wünsche euch das doppelte von dem was ihr uns wünscht.

Vielleicht meldet sich ja jemand ?????

Ulli Brinkhaus

Februar 2006

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