Vladimir Nabokov

Pale Fire/Fahles Feuer

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Epigraph

Nabokov beginnt den Roman mit einem Zitat aus James Boswells „Das Leben des Samuel Johnson” (1791). In dem Zitat geht es um „den beklagenswerten Zustand” eines jungen Herrn aus gutem Hause, der in der Stadt London herumläuft und Katzen totschießt. Das einleitende Zitat endet folgendermassen:

Dies erinnert mich an den lächerlichen Bericht über den beklagenswerten Zustand eines jungen Herrn aus gutem Hause, den er Mr. Langton gab. „Sir, als ich das letzte Mal von ihm hörte, lief er in der Stadt herum und schoß Katzen tot.” Und dann, in einer Art gutmütiger Träumerei, besann er sich auf seinen Lieblingskater und sagte: „Aber Hodge wird nicht erschossen: nein, nein, Hodge wird nicht erschossen.”
(Nabokov 1968, p.7)

This reminds me of the ludicrous account which he gave Mr. Langton, of the despicable state of a young Gentleman of good family. ‘Sir, when I heard of him last, he was running about town shooting cats.’ And then in a sort of kindly reverie, he bethought himself of his own favourite cat, and said, ‘But Hodge shan’t be shot; no, no, Hodge shall not be shot.’
(Nabokov 2000, p. 7)

James Boswell (1740-1795) war ein schottischer Rechtsanwalt und Essayist, der seit 1763 eine enge Freundschaft mit Samuel Johnson (1709-1785) pflegte. Johnson gilt als einer der wichtigsten und einflußreichsten englischen Dichter des 18. Jahrhunderts. Der Historiker Thomas Babbington Macaulay (25.10.1800–28.12.1859) nannte die Bewunderung, die Boswell für Johnson hegte sowie die Besessenheit, jede noch so unwichtige Äußerung, die jener machte, aufzuschreiben, krankhaft (Lues Boswelliana). Boswells “The Life of Samuel Johnson” ist als E-Text verfügbar, die von Nabokov zitierte Äußerung zu Kater Hodge ist aus dem 41. Kapitel, aus dem Jahr 1783.

Kinbote wäre gern Shades Boswell gewesen, weshalb er sich auch das Gedicht Pale Fire nach Shades Tod aneignet und mit dem Kommentar versieht, der freilich mehr von seiner Besessenheit zeugt als daß er etwas mit dem Gedicht zu tun hat.

Auch Thomas Pynchon erwähnt Boswell und Johnson im 76. Kapitel seines Romans Mason & Dixon (1997):

„Ich hatte auch einmal meinen Boswell,” sagt Mason zu Boswell, „Dixon und ich. Wir hatten einen gemeinsamen Boswell. Einen Prediger namens Cherrycoke. Der alles niederschrieb, genau wie Sie, Sir. Haben sie,” dies mit elliptischem Händewirbeln, „–Sie wissen schon … auch einmal einen gehabt? Wenn ich mir die Frage erlauben darf.”
„Einen was?”
„Hm … einen Boswell, Sir – ich meine, einen eigenen. Nun ja, Sie könnten ihn schlecht so nennen, da Sie ja selbst einer sind – sagen wir, so etwas wie einen Schatten, der stets im Raume war, sie verfolgt und jede Ihrer Bemerkungen bewahrt hat –”

(Pynchon 1999, p. 988)

Sowohl Nabokov wie auch Pynchon ironisieren das Verhalten Boswells, jede noch so banale Bemerkung des Objekts ihrer Begierde für die Nachwelt zu erhalten.


Vorwort

Kinbote beginnt mit einer korrekten Beschreibung des Gedichts und seiner Entstehungsgeschichte. Pale Fire ist:

„(…) ein Gedicht in Doppelreimen, neunhunderneunundneunzig Pentameter umfassend, eingeteilt in vier Gesänge (…). Das Manuskript (…) besteht aus achtzig Karteikarten mittlerer Größe (…).” (13)

Es fehlt lediglich die letzte, die tausendste Zeile, die Shade infolge seiner Ermordung nicht mehr verfassen konnte, so daß das Gedicht nicht völlig symmetrisch ist. Shade schrieb das Gedicht zwischen dem 2. und dem 21. Juli 1959

„(…) während der letzten zwanzig Tage seines Lebens auf seinem Wohnsitz in New Wye, Appalachia, USA.” (ibid)

Schon das Vorwort, aufmerksam gelesen, läßt Zweifel am Kommentator Kinbote aufkommen, bezeichnet er doch, sich an einen hypothetischen Leser wendend, den Zweiten Gesang als Lieblingsgesang dieses Lesers, der doch mit dem Lesen gerade begonnen hat. Brian Boyd stellt die richtigen Fragen:

“Your favorite”? When we have only just opened the book? When it is always absurd to prejudge another’s taste? When this familiarity instantly violates the impersonal decorum? What sort of person is this commentator?
(Boyd, 1999, p. 18)

Kinbote hat das Gedicht unmittelbar nach der Ermordung Shades an sich gebracht, versteckt und von der Witwe Sybil Shade anschließend die Erlaubnis eingeholt, mit einem Kommentar zu versehen und zu editieren. Kinbote erwähnt die Kritik des ehemaligen literarischen Agenten Shades, daß Mrs. Shade mit dem Vertrag, der Kinbote das Gedicht legal überlassen hat, in einem Moment der Trauer überrumpelt worden sei. Weil der bisherige Verleger Shades Kinbote einen Co-Kommentator zur Seite stellen will, sucht sich jener einen anderen Herausgeber, der ihm die absolute Freiheit bei der Abfassung seines Kommentars zusichert, nicht jedoch ohne den Hinweis, daß Kinbote allein für alle eventuellen Fehler verantwortlich sei (19).

Auch Donald E. Morton merkt an, daß

„der Leser nicht weit vorzudringen [brauche], um zu merken, daß die Edition nicht so wissenschaftlich ist, wie sie zu sein vorgibt. Das Vorwort ist in einem nervös mäandrierenden Stil geschrieben und gekennzeichnet von unangebrachten Interpretationen und offensichtlichen Fehlern in den Korrekturfahnen.”
(Morton, 1984, p. 96)

Kinbote berichtet, wie er die Zusammenarbeit mit anderen Professoren und Literaturwissenschaftlern, zu der ihn Sybil Shade aufgefordert hatte, verweigert hat (20). Ist schon diese Haltung allein dazu angetan, an seinem wissenschaftlichen Anspruch zu zweifeln, so überzeugt seine Begründung hierfür – er ist persönlich beleidigt von dem Vorschlag – den Leser vollends davon, daß diesem Kommentator nur sehr bedingt zu trauen sein wird.

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